Start: Samstag, 03.05.2025 ab 8 Uhr |
Streckencharakter:
Das Schweizer Jura gehört zu den aus Radlersicht anspruchsvollsten und am meist unregelmäßig zerklüfteten und zerfurchten Landschaften, die wir überhaupt kennen - die schmalen und kleinsten der Teersträßchen führten uns schon manchmal bis hin an die Grenzen des noch mit einem Rennrad fahrbaren und darüber hinaus…
In Verbindung mit dem Südschwarzwald, in den wir ganz tief eintauchen, verspricht dies wieder ein anspruchsvolles Brevet, wahrscheinlich das „härteste” unserer ganzen Serie, was das Verhältnis Kilometer zu Höhenmeter betrifft. Aber lohnend: Die Strecke ist gesamt gesehen um Einiges verkehrsärmer als "Bölchen I".
Der erste Berg ist auch schon der knackigste der gesamten Strecke, fast sämtliche Steigungen liegen auf den ersten 230 Kilometern, dann wird es zunehmend flach und so ist das Motto auch dieses Brevets:
Gaaanz ruhig angehen, durchhalten und weitermachen - es wird irgendwann einfacher und auch diese Berge nehmen ein Ende...
Streckenbeschreibung:
Wir verlassen Freiburg Richtung Osten; kurz nach Kirchzarten biegen wir ab ins enge, von steilen Felswänden flankierte, idyllische Zastlertal . Noch bevor wir richtig eingerollt sind, folgen die ersten Rampen hoch zum Rinken. Das für den öffentlichen Verkehr gesperrte Sträßchen gehört zu den ruhigsten Aufstiegen in den Schwarzwald, das kurze Schotterstück kurz vor der Passhöhe ist auch mit dem Rennrad, vorausgesetzt die letzten Schneereste sind Ende April nun endlich geschwunden, gut fahrbar und sollte uns keine Probleme bereiten. Mit dem „Rinken” liegt auch schon der knackigste Berg des gesamten Brevets hinter uns – allerdings werden uns wohl auch die letzten um einiges flacheren Hügelketten im Sundgau nicht viel einfacher erscheinen, da die Beine dann entsprechend „angeschlagen” sind…
Schon sind wir tief im Südschwarzwald. Nach Hinterzarten fahren wir über eine kleine Anhöhe (Erlenbruck) fast bis zum Titisee, dem wir dann allerdings unseren Rücken zuwenden, ohne ihn eines einzigen Blickes gewürdigt zu haben. Schweren Herzens müssen wir auf die überzuckerte, unechte „Schwarzwälder-Kirschtorte-Kuckucksuhr-Romantik”, Made in China verzichten. Als Randonneure sind wir nun mal dazu verdammt, die Romantik in der harten Realität zu suchen und wenden uns ungerührt bergauf in Richtung Feldberg-Bärental. Zum Trost müssen wir deshalb aber nicht auf das eine oder andere Stück Schwarzwälder Kirschtorte verzichten. Gelegenheit dazu gäbe es auf der Strecke jedenfalls noch genug. Wir werfen noch einen Blick auf den äußersten Zipfel des Schluchsees, bevor wir uns auf den letzten Schwarzwald-Anstieg zum Äulemer Kreuz machen. Geschafft, erst mal, jetzt können wir uns fast vierzig Kilometern bergab erholen. St. Blasien mit der berühmten Domkirche wäre einen touristischen Abstecher wert, wenn wir nicht noch ein paar Kilometer vor uns hätten. Da das Albtal im unteren Berh noch gesperrt ist, wählen wir für die Abfahrt ein wahres Kleinod - das Schwarzatal. Erst am Rhein unten werden wir durch die starke Besiedlung und Verkehr wieder aus der Idylle gerissen, das AKW Leibstadt mag den Einen oder Anderen vielleicht zu düsteren Gedanken verleiten, aber das geht hoffentlich schnell vorbei.
Das Schweizer Jura liegt vor uns. Es kann zwar nicht wie der Schwarzwald mit weltbekanntem Kitsch und Klischees aufwarten, steht diesem an Hochprozentigem aber in nichts nach und bietet uns wirklich alles, was das Radfahrerherz begehrt. Genau das Richtige für harte RandonneurInnen und die Romantik kommt dabei beileibe nicht zu kurz...
Es wird zunehmend ruhiger und gleichzeitig - als ob dies ein verflixtes Naturgesetz wäre - bergiger. Ein insgeheim lang gehegter Wunsch geht in Erfüllung! Das zauberhaft hüglige Sträßlein zwischen Anwil und Wisen wird zur Brevet-Strecke. Das „Berghaus Oberbölchen” erreichen wir auf Wirtschaftswegen, die Verkehrsarmut bezahlen wir allerdings mit knackigen Rampen und dem letzten Schotterstück auf dieser Route. Im Berghaus dürfen wir uns wie gehabt zusammen mit den Protagonisten von Breisgau I an einem Nudelbuffet laben, aber die letzte giftige Rampe mit gefülltem Bauch rauf zum Chilchzimmersattel bleibt uns wieder mal nicht erspart. Das von "Quäl Dich" ausdrücklich empfohlene Käsefondue im Berghaus würden wir - im Rahmen dieses Brevets - nicht unbedingt empfehlen, es seid denn, deren Motto soll dann doch noch zum Programm werden.
Überaus reizvoll ist auch der Abschnitt auf der als „historischer Verkehrsweg” bewerteten, fast nur einspurigen Straße zur für die heutigen Verkehrsströme völlig unbedeutend gewordenen Breitehöchi (847m). Wir wissen so langsam wohl auch durchaus zu schätzen, dass es von Langenbruck aus grade mal 114 Höhenmeter durch kleine Waldstücke und offene Wiesen an einzelnen Höfen vorbei bis zur Passhöhe sind. Nach der recht steilen Abfahrt nach Mümliswil biegen wir ins Guldental und steigen auf zum Scheltenpass (1051m), einem Highlight des Juras, den wir von der „etwas einfacheren” Ostseite her überqueren.
Die Abfahrt durch die Schlucht nach Delemont ist natürlich mal wieder viel zu kurz und von da an laufen die beiden Strecken von Breisgau I und II wieder zusammen bis Freiburg.
Ein paar Sundgau-Höhenrücken stehen uns aber noch zäh im Weg und die Rheinebene auf französischer Seite erfordert noch einmal Geduld und Kurbelei, bis wir endlich wieder „unseren” Rheinübergang bei Fessenheim erreichen. Nachdem wird das zweite Atomkraftwerk in unserer Region und Route hinter uns gelassen haben, ist es wirklich nicht mehr weit: Bald sind die letzten Vororte von Freiburg durchquert und wir genießen nach getaner Arbeit das wohlverdiente Abschlussgetränk im "Augustiner".
Und falls wir jetzt immer noch Klagen über zu wenige Höhenmeter oder zu flache Anstiege zu hören bekommen sollten, bedarf es wiederum nur ganz wenigen, kleinen Justagen im Streckenverlauf um dies noch einmal dramatisch zu ändern…
Streckenänderungen vorbehalten.