„Endlich bekommen wir das Wetter, was wir verdienen“

Autor
Christoph Molz
Datum
02.07.2017

 „Endlich bekommen wir das Wetter, was wir verdienen“. Der Spruch von Walter zur Begrüßung ist angebracht, da die ARA Breisgau beim 400er in den letzten Jahren diesbezüglich häufig Pech hatte. Dementsprechend voll ist es im Augustiner, wo wir wie gewohnt über das reichhaltige Buffet von Bodo herfallen. Auch Markus, ein Vereinsmitglied des SV Kirchzarten, ist zum ersten Mal bei einem 400er am Start. Christina musste kurzfristig absagen.

Punkt 8 Uhr geht es los; ich bin in der ersten Startgruppe und einer der ersten, die losfahren. Kurze Zeit später bemerke ich, dass meine Kamera nicht funktioniert (Deshalb gibt’s auch keine Bilder…) Bis Buchenbach fahre ich in einer kleinen Gruppe, dann am Anstieg zum Thurner allein und werde immer mal wieder von mehreren Gruppen überholt. Mit meiner 1:1-Übersetzung und relativ wenig Gepäck (die Wettervorhersage war gut, ich hatte die Regenkleidung zuhause gelassen) läuft es sehr gut. Auch die steilen Anstiege nach dem Jostal gehen recht gut, so dass ich mich auf die lange Abfahrt nach Bräunlingen freuen kann, wo Urbans Mutter abstempelt. Auch der Weg zum Rheinfall ist problemlos, es wird aber, wie angekündigt, zunehmend heißer. Dann folgt das lange Flachstück nach Konstanz. Ich bin wieder in einer kleinen Gruppe mit wechselnden Teilnehmern, darunter Andi aus Tübingen, den ich von zahlreichen Brevets her kenne. Wir stempeln in einer kleinen Dönerbude ab und einige von uns schieben sich auch noch einen Döner rein. Jedem ist klar, dass jetzt die Nachmittagshitze kommt. Mein Thermometer am Fahrrad zeigt 30,5 Grad an!

In der Ebene geht das recht gut, aber in den Anstiegen wird es jetzt richtig heiß. Dazu kommt bei mir, dass ich, um mitzuhalten, bergauf im Grenzbereich fahren muss. Ich bin schon etwas erstaunt, wie Andi seine vielen Kilos die Anstiege durchdrückt! Uns beiden liegt der Döner schwer im Magen. Ich plane, in Beuron aus der Gruppe auszusteigen, muss allerdings schon 30km vorher passen: mein Magen rebelliert. Ist es der Döner, die Hitze, Salzmangel oder die starke Belastung am Berg? Vermutlich alles zusammen; ich kenne das von diversen Ultratriathlons, wo ich wg. Magenproblemen die Laufstrecke teilweise wandernd zurückgelegt hatte. Beim Radfahren war mir das allerdings noch nie passiert. Nachdem ich Tempo rausgenommen habe, wird es etwas besser, so dass ich irgendwie doch Beuron erreiche. Dort esse ich im Kaffee neben dem Gasthaus Pelikan (eine sehr gute Alternative!) ein Stück Kuchen und sehe die Gruppe um Andi zum letzten Mal. Nach dem Aufstieg aus dem Donautal folgt der lange Weg nach Balingen, wo ich immer noch deutlich früher als erwartet ankomme, so früh wie noch nie bei diesem Brevet! Allerdings bereitet mir der Magen zunehmend Probleme. Ich bekomme keine feste Nahrung mehr herunter, ohne dass es mir schlecht wird. Am besten geht reines Wasser! Ich habe auch den Eindruck, etwas ausgetrocknet zu sein, denn ich habe einen total trockenen Mund, kann aber nur kleine Schlucke zu mir nehmen. Das mache ich auch regelmäßig, aber die Probleme hören nicht auf. Bei steileren Anstiegen wird mir richtig übel! An feste Nahrung ist nicht zu denken! 

In Sulz muss ich eine kurze Pause machen und rekapituliere die Situation. Von der Zeit her werde ich es gut schaffen, aber mir graut vor dem Anstieg nach Freudenstadt und dem Landwassereck. Im Anstieg nach Sulz fährt ein Mitfahrer, den ich vorher schon einige Male gesehen hatte, auf mich auf. „Bist du der Christoph“, frägt er. Ich bejahe und erkundige mich, woher er das weiß. „Von den Berichten her“. Er erkundigt sich auch gleich nach Christina. Ok, unsere Berichte werden also gelesen! Ich muss aber auch ihn ziehen lassen. Vermutlich sind meine Kohlenhydratspeicher ratzeputz leer, und mein Stoffwechsel beginnt, die Eiweißvorräte zu plündern, um an Kohlenhydrate heranzukommen. Eine schöne Aussicht! Irgendwann erreiche ich Hopfau. Dieser Ort ist mir in Erinnerung geblieben vom letzten Jahr, wo ich vergeblich den Wegweiser „Freudenstadt“ gesucht hatte. Damals waren, nach 1 Uhr, noch Leute auf der Straße gewesen. Jetzt sehe ich, um 24 Uhr, niemand! Ich studiere die Karte, entscheide mich für eine Abzweigung und steige aufs Rad.

Beim Anfahren springt die Kette vom letzten Ritzel Richtung Speichen und verklemmt sich. Das hat mir gerade noch gefehlt! Total verärgert versuche ich sie mit Gewalt rauszuziehen und habe total ölverschmierte Finger, aber keinen Erfolg. Erst mit einem Werkzeug schaffe ich es, die Kette rauszuhebeln. Bei dieser Aktion segelt auch noch mein Radcomputer von der Halterung auf die Straße und funktioniert nicht mehr. Ich verfluche den Ort, das Fahrrad und die Idee, hier gestartet zu sein. Allmählich beruhige ich mich und fahre die Abzweigung weiter. Die Straße führt eine Weile bergauf, dann wird es richtig steil. Ich schaffe es irgendwie, durchzufahren und erreiche nach ca. 200Hm einen kleinen Ort, der nicht in der Wegbeschreibung verzeichnet ist und auch nicht auf der Karte. Was tun? Umkehren und im vorigen Ort weitersuchen oder einfach weiterfahren? Ich schließe mit diesem Brevet ab und fahre weiter. Es geht ja nicht um irgendeine Qualifikation für irgendwas, und mir ist sowieso schlecht. Ich habe seit Beuron nichts mehr gegessen und eigentlich Hunger, bekomme aber nichts hinunter. Ich fahre einfach die Straße weiter. Nach längerem Kurbeln erreiche ich einen größeren Ort, der auf der Straßenkarte verzeichnet ist. Dort suche ich mir den Weg über Alpirsbach, das ich kenne, und danach über das Kinzigtal Richtung Haslach. Nach längerem Abfahren wird mir kalt, und ich mache es mir in einem Bankschalter gemütlich. Nachdem innerhalb von 10 Minuten drei Leute (nach 2 Uhr morgens!)kommen und Geld abheben, fahre ich entnervt weiter. Zwei Ortschaften weiter lege ich mich dann wieder in einem Bankschalter für eine Stunde ab. Über Hausach und Haslach fahre ich nach Elzach und spare mir so den Weg über das Landwassereck, auch wenn letztendlich doch 400km zusammen kommen. Um 7 Uhr erreiche ich Freiburg.

Für mich als Tierarzt und Triathlontrainer bleibt eine interessante Erfahrung: Ich habe die letzten 180 km nur einen Salamistick gegessen (worauf mir prompt wieder schlecht wurde) und ansonsten praktisch nur Wasser getrunken. Irgendwie ging es trotzdem, und ohne Magenbeschwerden wäre ich gut durchgekommen. Ein mentales Problem….